Christkind, Nikolaus, Weihnachtsmann, die Sternensinger: Weihnachten steht vor der Tür und das bedeutet … Doch nicht für jedes Kind sind diese Figuren Teil ihres Familienalltags. Wie Pädagog*innen in KITAs Weihnachten als Anlass für interreligiöse Bildung nutzen.
Christkind und Co: viele, viele Weihnachtsfiguren
Nicht überall sind die christlichen Weihnachtstraditionen selbstverständlich. Alleine in Bezug auf dieses Fest gibt es schon eine Vielzahl an unterschiedlichen Figuren. Je nach dem, aus welchem Land ein Kind kommt – nein, je nachdem aus welcher Region ein Kind kommt, kennt es unterschiedliche Erzählungen und Kunstfiguren. Hier ein Überblick:
- Das Christkind wird oft als Engelsfigur oder als Kind mit goldenen Locken und einem Heiligenschein dargestellt und bringt die Weihnachtsgeschenke. Es ist vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz bekannt.
- Der Weihnachtsmann (Santa Claus) wird als fröhlicher alter Mann mit weißem Bart gezeigt, der in einem von Rentieren gezogenen Schlitten durch die Luft fährt und an Weihnachten die Geschenke verteilt. Er ist vor allem in Nord-, Mittel- und Ostdeutschland sowie in Frankreich, der französischsprachigen Westschweiz (Père Noël), den Niederlanden, Skandinavien, Estland, Lettland, dem Vereinigten Königreich, Australien, Kanada und den Vereinigten Staaten bekannt.
- Die Hexe Befana reitet in Italien auf einem Besen durch die Nacht vom 5. zum 6. Januar. Den braven Kindern hinterlässt sie Süßigkeiten und Geschenke – den unartigen Kohle. Ihr Name leitet sich von Epiphania ab – also dem christlichen Fest am 6. Januar, auch als Heiligedreikönigstag bekannt.
- Väterchen Frost ist in Russland und slawischen Ländern auch als „Ded Moroz“ bekannt. Er ist die russische Version des Weihnachtsmanns und bringt zusammen mit seiner Enkelin „Snegurotschka“ (Schneemädchen) am Silvesterabend Geschenke. Er trägt einen langen, oft blauen Mantel und hat einen großen Stab.
- Olentzero ist eine traditionelle Figur im Baskenland (Spanien) und ein Kohlenhändler, der den Kindern Geschenke bringt. Er wird oft als freundlicher, dicker Mann dargestellt, der aus den Bergen kommt und Holz hackt.
- Jultomten ist eine Mischung aus Weihnachtsmann und Hausgeist (Tomte) und in Schweden bekannt. Er bringt den Kindern am Heiligabend Geschenke und wird oft als kleine, bärtige Figur mit einem roten Hut beschrieben.
Andere religiöse Feste
Dazu kommt, dass natürlich längst nicht überall auf der Welt Weihnachten gefeiert wird. Andere bedeutsame, religiöse Feste sind zum Beispiel:
- Hanukkah (Judentum): Ein achttägiges Fest, das an das Wunder des Öls im Tempel von Jerusalem erinnert. Es wird mit dem Entzünden der Menora, Gesang und dem Verzehr von Speisen wie Latkes (Kartoffelpuffer) gefeiert.
- Diwali (Hinduismus, Sikhismus, Jainismus): Auch als Lichterfest bekannt, symbolisiert Diwali den Sieg des Lichts über die Dunkelheit und des Guten über das Böse. Es wird mit dem Anzünden von Öllampen, Feuerwerk und Festmahlen gefeiert.
- Eid al-Fitr (Islam): Das Fest des Fastenbrechens markiert das Ende des Ramadan, des islamischen Fastenmonats. Es ist ein Tag des Gebets, der Gemeinschaft und der Nächstenliebe, an dem Festessen zubereitet und Geschenke ausgetauscht werden.
- Ramazan Bayramı (Türkei): Das Fest nach dem Ramadan heißt in der Türkei Ramazan Bayramı. Es ist das türkische Pendant zu Eid al-Fitr, dem Fest des Fastenbrechens. Dieses Fest markiert das Ende des Fastenmonats Ramadan und wird in der Türkei mit Familienbesuchen, dem Teilen von Süßigkeiten und besonderen Speisen gefeiert.
- Chinesisches Neujahr (China und ostasiatische Länder): Ein großes Fest, das den Beginn des neuen Mondjahres markiert. Traditionell gehören dazu Feuerwerke, Drachentänze, festliche Mahlzeiten und den Austausch von Glücksbringern.
Interreliöse Bildung zur Weihnachtszeit
Wenn in den Läden, im Fernsehen, online und in anderen Medien zur Weihnachtszeit das christliche Fest allgegenwärtig ist – dann ist das ein guter Anlass, um in der KITA mit den Kindern darüber zu reflektieren: Nicht überall auf der Welt steht Weihnachten so im Fokus der Menschen. Wenn Kinder also in ihren Familien Weihnachten nicht so feiern, wie die anderen, dann ist das vielleicht nur hier bei uns ungewöhnlich. Was feiern sie? Und wie?
Ein guter erster Schritt hin zu interreligiöser Bildung sind Fragen wie:
- Welche persönliche Vorstellungen und Erfahrungen bringen die Kinder mit?
- Wie beeinflussen die Eltern die kindliche Vorstellungs- und Erfahrungswelt?
- Welche persönliche Biografie, welche weltanschaulichen oder religiösen Überzeugungen haben die pädagogischen Fachkräfte?
- Hat der Träger bestimmte Vorstellungen zum Umgang mit Religion und religiöser Pluralität?
- Wie beeinflusst das Umfeld und der Standort die Einrichtung?
Tipp zur Weihnachtszeit: Finden Sie doch einmal heraus, welche Feste die Kinder in Ihrer Kita kennen? Sammeln Sie diese in Ihrer Kita und feiern Sie sie! Beziehen Sie dazu auch die Eltern ein und bringen Sie in Erfahrungen, welche Traditionen, Rezepte, Geschichten, Mythen und Figuren es sonst noch gibt.
Lernchancen für Kinder und Erwachsene
Wer sich auf diesen Weg begibt und andere religiöse Feste und Figuren erkundet, der steht vor großen Chancen und auch vor großen Herausforderungen.
- Kinder und Eltern sind eingeladen, über ihre Traditionen, Rituale, Feste, Werte oder Ansichten zu gesellschaftlichen Fragen zu reden.
- Unterschiede werden deutlich: An Ostern feiern die Christen zum Beispiel die Auferstehung Jesu Christi. Im Koran steht jedoch, dass Jesus nicht am Kreuz stirbt und auch nicht wieder aufersteht. Die Frage dazu ist: wie können wir diese Unterschiede offen besprechen und auch stehenlassen?
- Religiöse Feste wecken oft Emotionen. Diese sollte einen Raum finden. Gleichzeitig braucht es Selbstregulation, um jedem Menschen seine Einstellungen und Überzeugungen zuzugestehen.
- Religiöse Erzählungen thematisieren oft wichtige Lebensfragen: Solidarität, Hoffnung, Liebe – aber auch Ungerechtigkeit, Tod und Leid. Pädagog*innen können Kindern zeigen, wo es gemeinsame Wegweiser und Hilfestellungen gibt.
- Eltern oder Vertreter*innen verschiedener Religionen können den Kindern und Fachkräften ihre persönlichen Überzeugung authentisch vermitteln.
Wichtig: Alle persönliche Überzeugungen sollten willkommen sein und in ihrer Einzigartigkeit anerkannt werden. Dabei kann es zu Fragen und Unstimmigkeiten kommen. Das kann für pädagogische Fachkräfte anspruchsvoll sein. Es stecken aber auch ganz viele Bildungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen darin. Vielfalt anzunehmen ist dabei ein wichtiger Ausgangspunkt und zugleich ein wesentliches Ziel für eine KITA.
Quellen: Das Christkind und interreligiöse Feste
- Die Reise in die Weihnachtsduftwelt: Material für Kitas und Grundschulen mit Geschichten, Praxistipps und einem pädagogischen Reader: https://kita-global.de/weihnachtsgewuerze-reise-in-die-weihnachtsduftwelt/
- Interreligiöse Bildung – ein Weg zu Offenheit und Wertschätzung: In Kindertageseinrichtungen treffen viele verschiedene religiöse und kulturell geprägte Überzeugungen aufeinander. Wenn diese in den Alltag einbezogen und reflektiert werden, sind sie ein wichtiger Baustein zu interreligiöser Bildung. https://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2016/artikel/interreligioese-bildung–ein-weg-zu-offenheit-und-wertschaet
- Werte, die verbinden: Kinder fragen nach den Zusammenhängen in der Welt und wollen mehr über ihr Dasein wissen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten religiöser Antworten darauf können alltagspraktisch erlebbar gemacht werden. https://www.herder.de/kiga-heute/fachmagazin/archiv/2019-49-jg/1-2019/werte-die-verbinden-impulse-fuer-die-interreligioese-praxis-eine-einfuehrung/
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