Die SDGs auf ihre verschiedenen Ebenen heruntergebrochen

Bericht Werkstatt-Treffen: 17 Globale Nachhaltigkeitsziele in der Kita

Auf 17 Globale Nachhaltigkeitsziele hatten sich die Vereinten Nationen im September 2015 geeinigt. Diese sollten für mehr Gerechtigkeit und Umweltschutz weltweit sorgen. Erreichen wollte die Weltgemeinschaft sie bis 2030. Das wäre in sieben Jahren … Doch leider sind wir noch weit davon entfernt. Daher haben wir uns beim letzten Werkstatt-Treffen der Frage gewidmet: Was können wir in den Kitas konkret dafür tun?

Wo stehen wir heute?

»Der mangelnde Fortschritt bei den Globalen Nachhaltigkeitszielen ist universell, aber es ist überdeutlich, dass die Entwicklungsländer und die ärmsten und verletzlichsten Menschen der Welt die Hauptlast unseres kollektiven Versagens tragen. Die ist eine unmittelbare Folge globaler Ungerechtigkeiten, die Hunderte von Jahren zurückreichen, sich aber bis heute fortsetzt«, schreibt UN-Generalsektretär António Guterres im SDG-Fortschrittsbericht 2023.

Mit diesem Zitat eröffnete Gundula Büker, Eine-Welt-Fachpromotorin für Globales Lernen in Baden-Württemberg und Sprecherin für die AG Globales Lernen bei VENRO, beim Werkstatt-Treffen »17 Ziele für eine bessere Welt« am 12. Dezember 2023 ihren Impuls zu der Frage: Wo stehen wir in Bezug auf die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs)? Ihre Antwort: Wir sind weit davon entfernt, die von uns gesteckten Ziele tatsächlich bis 2030 zu erreichen – also in den nächsten sieben Jahren.

Natürlich seien die 17 Globale Nachhaltigkeitsziele zunächst ein politisches Instrument, räumt Gundula Büker ein. Doch das bedeute nicht, dass sie für die Alltagspraxis in einer Kita nicht höchst relevant seien. Im Gegenteil: »Die SDGs bieten gute Anknüpfungspunkte für Kitas, um sich zu fragen: ‚Was können wir konkret im Rahmen unserer Möglichkeiten tun?‘«, so Gundula Büker.

Globale Nachhaltigkeitsziele: Beratung in Kleingruppen

Und so lud Gundula Büker die rund 40 Teilnehmenden des Werkstatt-Treffen dazu ein, sich in kleinen Gruppen in Breakout-Room in die Roll von Weltärzt:innen zu schlüpfen und sich zu den folgenden zwei Fragen auszutauschen:

  • Welche Krankheit hat die Weltgemeinschaft?
  • Wie könnte eine Therapie, eine Medizin aussehen? Und welche Zutat können wir als KITA beisteuern?

Rund 15 Minuten hatten die 3-4er Gruppen Zeit, um sich auszutauschen. Danach kam es zu einem Ergebnisaustausch im Plenum. Allgemeines Fazit war, dass es sich um ein Geflecht unterschiedlicher Krankheiten handele. Einige davon seien akut, wie eine Infektionskrankheit – ließen sich aber heilen. Andere seien chronisch und so weit fortgeschritten, dass sich ihr Verlauf höchsten aufhalten und verlangsamen ließe, nicht aber heilen.

Als wichtige Medizin und Therapie sahen mehrere Gruppen Aspekte wie »Perspektivenwechsel« und »Empathie« an. Es gehe vor allem um psychologische Aspekte. Wir Menschen müssten verstehen und wahrnehmen lernen, dass unser Handeln Konsequenzen hat – auch wenn sie in weit entfernten Teilen der Erde spürbar sind. Dem folgt die Einsicht, dass eine Verhaltensveränderung dringend notwendig ist. Als Prophylaxe, also als vorbeugende Maßnahmen, sahen die Teilnehmenden »Demokratie« und »Partizipation« an.

Material-Impulse: Globale Nachhaltigkeitsziele

Doch was bedeutet dies in der Kita-Praxis? Nachdem es News aus dem Partnernetzwerk gab, bot Karin Wirnsberger, Koordinatorin der KITA-Projekte am EPiZ Reutlingen, jede Menge Impulse. Sie stellte mehrere Materialien und Ideen vor, die Erzieher:innen nutzen können, um mit ihren Kindern in der Kita spielerisch die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele zu erkunden und umzusetzen:

  • Zukunftsgeschichten gestalten: In diesem Material, das Sie kostenlos als PDF herunterladen können, zeigen die drei Autorinnen Carmen Sorgler (Kamishibai), Susanne Brandt (kreative Techniken des gemeinsamen Erzählens) und Odile Néri-Kaiser (mündliches Geschichtenerzählen), wie das Geschichtenerzählen in der Kita als wertvolles Mittel der BNE, auch mit Blick auf die 17 Ziele, zum Einsatz kommen kann. Weitere Infos unter: https://kita-global.de/zukunftsgeschichten-gestalten/
  • FaireKITA: Diese ebenfalls kostenlose PDF-Broschüre zeigt, wie sich die Globalen Nachhaltigkeitsziele im Rahmen des Konzeptes »FaireKITA« in der Praxis umsetzen lassen. https://kita-global.de/fairekita-sdgs/
  • Der ökologische Handabdruck: Viele kennen den ökologischen Fußabdruck, der besagt, wie viel Ressourcen wir verbrauchen. Die Idee des »ökologischen Handabdrucks« verfolgt einen anderen Ansatz: Sie fragt danach, wie viel wir bewirken. Erstmals soll der ökologischen Handabdruck 2007 vom Centre for Environment Education in Ahmedabad in Indien ins Leben gerufen worden sein. Weitere Infos dazu gibt es zum Beispiel unter: https://waldworte.eu/2023/03/05/handprint-visionen-fuer-verbundenheit/
  • SDG-Challenges: Inspiriert von einem Projekt in einer Kita in Göppingen bietet die Schwester-Plattform »KITA weltbewusst 2023« dieses Jahr einen virtuellen Adventskalender mit Challenges, die dabei helfen, sich mit den SDGs auseinanderzusetzen und sie zu leben. Unter dem Motto „Mitamchen und gewinnen“ können Sie bis Ende Januar 2024 Ihre beiträge einreichen. Infos finden Sie unter: https://www.kita-weltbewusst-2030.de/de/adventskalender/. Wir von KITA-GLOBAL wollen im Laufe des Jahres 2024 auch regelmäßig solche Challenges veröffentlichen und Sie dazu einladen.

Projektvorstellung: 17 Globale Nachhaltigkeitsziele in der KITA

Nach einer kurzen Pause stellten sich dann mehrere spannende Projekt vor, die KITAs Ansätze und Hilfestellung bieten, um die Umsetzung der 17 Globale Nachhaltigkeitsziele in KITAs angehen zu können.

Menschen arbeiten gemeinsam an einer Weltkugel (Illustation)

Projekt 1: VENRO

Vom Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) gibt es den »Referenzrahmen für die frühkindliche Bildung«, der zeigt, wie sich BNE und die Globale Nachhaltigkeitsziele als Kriterium in das Qualitätsmanagement von Kitas integrieren lässt. Gundula Büker, die an der Entwicklung beteiligt ist, wies beim Werkstatt-Treffen auf den Online-Workshop »Globales Lernen in KiTas – die VENRO-Qualitätskriterien in der frühkindlichen Bildung«, der am 22. Januar 2024 im Rahmen des Forum Frühkindliche Bildung stattfindet (Anmeldung bitte bis 14.1.2024 unter https://doo.net/veranstaltung/146518/buchung). Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Infos: https://kita-global.de/venro-qualitaetskriterien-in-der-praxis-fortbildung/

Die Berliner Organisation »Restlos glücklich« bietet unter anderem Bildungsmaterialien für die Kita.

Projekt 2: Restlos glücklich

Die Ernährungsbildung in KITAs betrifft gleich mehrere Globale Nachhaltigkeitsziele, wie Alina Sting von der Berliner Organisation »Restlos glücklich« in ihrer Präsentation zeigte: SDG #3 »Gesundheit und Wohlergehen«, SDG #4 »Hochwertige Bildung«, SDG #12 »Nachhaltiger Konsum und Produktion« sowie SDG #13 »Maßnahmen zum Klimaschutz«. All diese Punkte behandelt ihr Projekt »Restlos glücklich«, in dem es sich mit Ernährung und Lebensmittelkonsum auseinandersetzt. Weitere Infos dazu finden Sie auch in unserem Interview mit Alina Stings Kollegin Edith Timm. Im Gespräch berichtet sie über das, was Erziehende tun können, um mit der richtigen Ernährung etwas für die Globale Nachhaltigkeitsziele zu tun und welche Bildungsmaterialien »Restlos glücklich« dafür anbietet. https://kita-global.de/interview-restlos-gluecklich/

Unter ThinKits.eu/de können Sie Bildungsmaterialien herunterladen, die die Globalen Nachhaltigkeitsziele mit den Kompetenzen Lebenslangen Lernens verbinden.

Projekt 3: ThinKids

ThinKids ist ein Partnerprojekt aus fünf europäischen Ländern, darunter Spanien, Kroatien, Rumänien, Italien und Deutschland. Es stellt praktische Materialien für die frühkindliche und Grundschulbildung bereit, die die Globalen Nachhaltigkeitsziele mit der Vermittlung von Kompetenzen Lebenslangen Lernens (LLL) verbinden. Dabei wendet es verschiedene Methoden des aktiven Lernens an, wie bildliches Denken, Fragen stellen, Rollenspiele, Geschichtenerzählen und vieles mehr. Weitere Infos sowie die Bildungsmaterialien zum Herunterladen finden Sie unter https://thinkids.eu/de/

Die interaktive Ausstellung »Bordercrossings« tourt 2024 durch Deutschland und zeigt Best-Practices aus Kitas, Krippen und Grundschulen.

Projekt 4: Bordercrossings

Bei Bordercrossings handelt es sich um eine interaktive Ausstellung von Reggio Children aus Reggio Emilia in Italien, die eines der weltweit innovativsten Bildungskonzepte präsentierten. Das Ausstellungskonzept basiert auf zwei Bereichen: Einmal einer Best-Practice-Ausstellung, die inspirierende Praxisbeispiele aus Krippen, KITAs und Grundschulen zeigt. Zum anderen gibt es ein Atelier zum Erforschen, Experimentieren und Vernetzen mit Natur- und Recycling-Materialien sowie digitalen Geräten.

Die Ausstellung wurde bereits im MOMA in New York gezeigt und tourte durch die USA, Argentinien, Brasilien und Schweden. 2024 soll sie nun auch in verschiedenen Orten in Deutschland zu sehen sein. Dazu ist das Team derzeit auf der Suche nach Kooperationspartnern: Wer bei dem Projekt mitmachen möchte, kann dies einerseits als Partner tun, der den Ausstellungsort bereitstellt oder organisiert. Dazu als Hinweis: Das Atelier kann über den Ausstellungszeitraum hinaus vor Ort verbleiben, wenn es ein Nachfolge-Nutzungskonzept gibt. Oder als Partner, der Input für die Ausstellung und das Rahmenprogramm liefert. Wer sich dafür interessiert, findet weitere Infos unter: https://bordercrossings.de/

Noch in Arbeit ist ein Brettspiel, das Erzieher:innen und Leitung dabei hilft, BNE und Globale Nachhaltigkeitsziele im Qualitätsmanagement ihrer Kita einzubinden.

Projekt 5: BNE-Spiel

Wie können wir dafür sorgen, dass mehr KITAs in Deutschland die SDGs in ihrem Kita-Alltag praktisch verankern? Dazu gibt es den »Referenzrahmen für frühkindliche Bildung«, der zeigt, wie sich BNE und die Globalen Nachhaltigkeitsziele als Kriterium im Qualitätsmanagement einer Kita integrieren lässt. Dieses Projekt basiert darauf, möchte die Integration aber im wahrsten Sinne des Wortes spielerischer und damit einfach gestalten: Es handelt sich um ein Brettspiel, das die Erzieher:innen und die Leitung einer Kita gemeinsam spielen können. Mit Hilfe von zirka 66 Karten können sie in rund 10–15 Minuten pro Karte Fragen zur Integration von BNE und der Globale Nachhaltigkeitsziele gemeinsam behandeln, besprechen und ggf. auch Maßnahmen planen.

Das Spiel ist bisher in einem aufwendigen Gestaltungsprozess entstanden: Während eines eintägigen Hackathons entwickelten Pädagog:innen, Spielentwickler:innen, Leiter:innen und BNE-Expert:innen gemeinsam Ideen für das Spiel. In rund 250 Praxistest wurde eine Idee in Kitas weiterentwickelt und verfeinert. Voraussichtlich wird das Spiel im ersten Quartal 2025 fertig.

Fazit

Der Nachmittag war voll mit Input und Ideen. Es zeigt sich: Auch wenn wir über die Nachrichten täglich von den ökologischen und sozialen Krisen in unserer Welt erfahren – es gibt ebenfalls unheimlich viele Menschen, die Zeit und Mühe darauf verwenden, in ihrem Rahmen die Welt ein Stückchen besser zu machen. An diesem Nachmittag kamen 40 von ihnen zusammen und gaben sich so gegenseitig Stärke, Mut und Unterstützung. Genau dafür sind solche Zusammenkünfte und Netzwerktreffen aus unserer Sicht so wichtig. Wir sind froh und glücklich, dass so viele Menschen daran teilgenommen haben. In diesem Padlet finden Sie alle Präsentationen sowie Links und Ideen: https://padlet.com/EPiZ_KITA_GlobalesLernen_BNE/feedback-ideen-w-nsche-und-mehr-lybvb5s7edpqrqk8

In diesem Sinne möchten wir auch gleich schon mal auf die nächsten Treffen im kommenden Jahr hinweisen: Im Frühsommer 2024 wird es wieder ein Werkstatt-Treffen in Präsenz geben. Wir suchen dafür einen Ort in Mittel- oder Norddeutschland (wer Interesse hat, bitte unter info-at-kita-global.de melden). Im Winter 2024 wird es darüber hinaus wieder ein Online-Meeting geben. Falls Sie dafür Themen-Wünsche haben, dann schreiben Sie uns bitte an info-at-kita-global.de. Bitte melden Sie sich bei unserem Newsletter an, wenn wir Sie auf dem Laufenden halten sollen: https://kita-global.de/newsletter-abonnieren/