Wie sieht BNE und Globales Lernen in der Kita-Praxis aus? Im Werkstatt-Treffen von KiTA-GLOBAL ging es um die praktische Implementierung ins Kita-eigene Qualitätsmanagement sowie um politische Strukturen.
Die Bedeutung von Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und Globalem Lernen steht wohl außer Frage. Spätestens mit den Globalen Nachhaltigkeitszielen (oder auch »Sustainable Development Goals«, kurz SDG, genannt) haben wir Menschen uns weltweit verpflichtet, verschiedene ökologische und soziale Ziele bis 2030 zu erreichen. Das ist als Anliegen toll, wichtig und richtig. Gleichzeitig gibt es noch viel zu tun, wenn wir diese Ziele tatsächlich praktisch erreichen wollen. Doch wie soll das eigentlich konkret gehen? Und welche Schritte kann jede einzelne Kita in Deutschland dafür tun? Fragen, auf die wir im vergangenen Werkstatt-Treffen gemeinsam mit spannenden Expertinnen mögliche Antworten gefunden haben.
Zwei Impulse machten den Auftakt des Werkstatt-Treffen für eine engagierte Diskussion unter allen Teilnehmenden: Zum einen sprach Susanne Schubert. Sie ist Co-Vorsitzende des Forums Frühkindliche Bildung der Nationalen Plattform BNE. Außerdem ist sie Vorstand der Innowego-Forum Bildung & Nachhaltigkeit eG sowie Mitglied im Bündnis Zukunftsbildung. Zum anderen war Lena Grüber eingeladen. Sie ist Geschäftsführerin des multimedialen pädagogischen Verlag »Was mit Kindern« (kurz auch Wamiki). Außerdem ist sie aktiv im Partnernetzwerk rund um das Forum frühkindliche Bildung der Nationalen Plattform BNE.
Wieso die Kita von Bedeutung ist
Um es vorwegzunehmen: Globales Lernen gehört für Susanne Schubert – wie bei den meisten – zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) mit dazu. Es ist also ein Teil davon. Zu Beginn ihres Vortrages beim Werkstatt-Treffen ging sie darauf ein, dass Kitas hierbei einen besonderen Bildungsauftrag haben. Dazu liefere das Sozialgesetzbuch die Basis: »Hier ist festgelegt, dass Kitas die Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten fördern sollen«, erklärte sie. Dabei stehe die geistige, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes im Mittelpunkt. Werte und Regeln, die ihnen dabei Orientierung geben, hätten hierbei eine wichtige Bedeutung. Diese sollten sich natürlich am Entwicklungsstand und den Bedürfnissen des Kindes orientieren.
Entgegen mancher Befürchtungen seien Kinder dafür in der Kita auch nicht zu klein. Natürlich könnten sie keine komplexen, globalen Zusammenhänge verstehen. Das falle uns Erwachsenen ja schon schwer, wie Schubert erkannte. Doch am Beispiel »Ernährung in der Kita« zeigte sie, wie Erziehende die Kinder spielerisch und an einer alltäglichen Relevanz orientiert zu den Themen des Globalen Lernens hinführen können. Dabei gehe es vor allem darum, die Grundlagen für nachhaltige Einstellungen und Bereitschaften zu legen, wie Susanne Schubert anhand der Lernpyramide von Lilian Katz erläuterte.
Bildungspläne, Träger, Kita-Konzepte und anderes – wie etwa die Ausbildung der Erziehenden – hätten eine große Bedeutung, wenn es darum geht, Globales Lernen in der Kita-Praxis zu verankern. Ihre Erfahrung dabei ist: Im Elementarbereich gibt es eine hohe Weiterbildungsbereitschaft. Doch was können Erziehende ganz konkret und praktisch tun? Wie schon bei vielen Werkstatt-Treffen festgestellt, geht es beim Globalen Lernen ja nicht darum, ein oder zweimal im Jahr ein Projekt durchzuführen. Vielmehr beinhalten BNE und Globales Lernen einen Veränderungsprozess der gesamten Kita: Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit sollen sich nach und nach als Leitgedanke durch das Handeln der gesamten Kita ziehen – von der Beschaffung über die Ernährung bis hin zur Bildungsarbeit. Man spricht hierbei auch vom sogenannten »Whole Institution Approach«.
Das Forum Frühkindliche Bildung der Nationalen Plattform BNE
Doch bei dieser Utopie sind wir in Deutschland noch nicht angelangt. Susanne Schubert teilte beim Werkstatt-Treffen mit, dass immer mehr Erziehende und Kitas bereit sind, sich auf den Weg zu machen. Allerdings hätten sie nicht alle die Möglichkeiten dazu. Deshalb gibt es das Forum Frühkindliche Bildung der Nationalen Plattform für BNE.
In diesem Forum sind verschiedene Akteurinnen und Akteure aus Bund, Ländern, Kommunen, Kita-Personal, Trägern, Zivilgesellschaft, youpaN und Kita-Eltern vertreten. Wie die Grafik oben zeigt, ist das Forum Frühkindliche Bildung Teil der Nationalen Plattform BNE. Von ihr bekommt sie Empfehlungen zu Schwerpunktthemen für ihre Arbeit. Gleichzeitig ist das Forum im Austausch mit den Partnernetzwerken, denen es Input für seine praktische Arbeit liefert und von wo es auch direktes Feedback aus der Praxis bekommt. Außerdem macht das Forum Netzwerk- und Lobby-Arbeit.
Susanne Schubert stellte fest, dass sich viele Kitas ihrer Erfahrung nach in Sachen BNE und Globalem Lernen bereits auf den Weg gemacht haben und viel Potential bieten. Vor allem bei der Ausbildung und der Organisationsentwicklung sieht sie noch Handlungsfelder. Der sogenannte Referenzrahmen des Forums für Frühkindliche Bildung zeigt, wie Kitas BNE und Globales Lernen in ihrem bestehenden Qualitätsmanagement verankern können.
»Damit stellt eine Kita sicher, dass sie nicht beim Müll trennen und Licht ausschalten stehenbleibt, sondern die Strukturen verändert und es ein selbstverständlicher Teil des (Bildungs-)Alltags wird«, erklärte Susanne Schubert im Werkstatt-Treffen. Nachdem das Forum für Frühkindliche Bildung den Referenzrahmen erstellt hatte, wurde dazu ein Spiel entwickelt. Es dient dazu, die Indikatoren et cetera mit Leben zu füllen. Es übersetzt quasi die Systematik des Referenzrahmens und gibt praktische Anregungen.
Interview: Susanne Schubert
Das Partnernetzwerk vorgestellt beim Werkstatt-Treffen
Um die Fachforen herum ranken sich neun Partnernetzwerke. Ihre Aufgaben ist es, BNE-Akteure und Aktuerinnen untereinander zu vernetzen und Impulse für die Umsetzung vor Ort zu geben. Sie befassen sich mit Teilbereichen von BNE (also zum Beispiel Frühkindliche Bildung) und arbeiten eng mit den entsprechenden Fachforen zusammen. Die Netzwerke initiieren außerdem Good-Practice-Beispiele und treffen sich digital und in Präsenz, um Informationen aus dem politischen Prozess auszutauschen oder eigene Themen in die Politik zu geben. Gemeinsam können die Akteure oder Akteurinnen Projekte deutschlandweit initiieren und durchführen.
Die Mitgliedschaft im Partnernetzwerk kostet nichts und hat den Vorteil, dass man über neue politische Entwicklungen auf dem Laufenden bleibt. Sie ist für Personen und Organisationen möglich, die mit BNE in der frühkindlichen Bildung arbeiten. Die Mitarbeit ist ehrenamtlich, Fahrtkosten werden jedoch erstattet.
Zum Partnernetzwerk gehören zum Beispiel auch Netzwerktreffen, wie die Werkstatt-Treffen von KiTA-GLOBAL. Ein anderes, in Planung befindliches Beispiel lieferte Lena Grüber in ihrem Vortrag (hier als PDF herunterladen): die Ausstellungstour »Grenzen überschreiten«, die in sechs Stationen in Deutschland zu sehen sein wird. Damit einher soll auch ein Atelier gehen, das an den Orten installiert wird und über die Zeit der Ausstellung hinaus weiter bestehen kann. Auf diese Weise soll ein nachhaltiger Entdeckungsraum entstehen, der verschiedene Disziplinen verknüpft.
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Das Partnerforum
Das Partnerforum befindet sich ebenfalls im äußeren Kreis der oben gezeigten Infografik. Dabei handelt es sich um ein Gremium der Partner:innennetzwerke, das alle Bildungsbereiche zusammenfasst. Hier sollen Praktiker:innen vernetzt werden, um BNE insgesamt in die Breite zu bringen.
Das Ziel des Partnerforums ist es, neue Leute zu erreichen, BNE breit sichtbar zu machen, die Regionen zu stärken und sich gegenseitig zu inspirieren. Entstanden ist die Idee aus einem Treffen der verschiedenen Netzwerkpartner:innen. Dabei hatten diese erkannt, dass manche Themen unabhängig vom Bildungsbereich überall wichtig sind – und dass es sinnvoll ist, sich darüber breit auszutauschen.
Deshalb gab es dieses Jahr unter anderem auch in Halle ein erstes Treffen: Open Days BNE – Das Barcamp Zukunft Meine*! in Halle (https://opendaysbne.de). Die Veranstaltung war vorwiegend regional ausgerichtet. Etwa 80 Prozent der rund 80 Teilnehmenden kamen aus Halle und Umgebung. Gemeinsam erstellten sie zu Beginn der Veranstaltung ihre eigene Agenda an Themen und bearbeiteten und besprachen diese dann über den Tag hinweg. »Genauso könnte ein Barcamp für frühkindliche Bildung auch aussehen«, schlug Lena Grüber am Ende ihres Vortrages vor. Mehrere Netzwerk-Partner:innen könnten so ein Barcamp gemeinsam organisieren.
Die Arbeitsgruppen beim Werkstatt-Treffen
Nach den Vorträgen von Susanne Schubert und Lena Grüber bildeten sich drei Arbeitsgruppen:
1. Forum frühkindliche Bildung, moderiert von Susanne Schubert
2. Partnernetzwerke, moderiert von Lena Grüber
3. Kita-Global, moderiert von Karin Wirnsberger
Linktipp: BNE-Akteurskarte
Fazit: Werkstatt-Treffen »Globales Lernen strukturell verankern«
»Es motiviert, mit anderen BNE-Akteur:innen zukunftsrelevante Themen zu bewegen«, lautet das Feedback einer der rund 30 Teilnehmenden. Die Stimmung im Zoom-Call war energiegeladen. In den Frage- und Feedback-Runden der Teilnehmenden drückte sich einerseits ein gewisser Leidensdruck aus – etwa, wenn in Mecklenburg-Vorpommern nur 80 Euro pro Kita-Mitarbeitenden und Jahr für Weiterbildungen vorgesehen sind. Andererseits war klar, dass alle hoch motiviert und auch optimistisch sind. Zu sehen, welche Strukturen es bereits gibt und wo sich jetzt schon anknüpfen und netzwerken lässt, ermutigte viele der Anwesenden.
»Es war sehr bereichernd, sich in so einem professionellen, gleichzeitig aber auch persönlichen und engagierten Rahmen mit viel Liebe zum Detail und schönen Methoden über die Wünsche, Bedürfnisse und Visionen auszutauschen und Banden für die Zukunft zu bilden«, findet Karin Wirnsberger vom EPIZ Reutlingen, die das Projekt KiTA-GLOBAL leitet.
»Für mich ist es einerseits schön, im Partnernetzwerk und Partnerforum den Austausch und die Energie der Praktiker:innen zu erleben, sich gegenseitig zu inspirieren, zu immer neuen Ideen anzutreiben und gemeinsam neue Wege zu erkunden. Gleichzeitig bekomme ich einen guten Überblick im Fachforum, wie ich politische Weichen stellen und daran teilhaben kann. Beides zusammen ist wichtig, damit es keine bloßen Papiertiger, sondern eine konzeptionelle Ebene gibt, um das eigene BNE- Handeln zukünftig weiterentwickelt. Zusammen könnten wir die nächsten Generationen entscheidend prägen. Die Zeit tickt …«, erklärt sie.
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