Die neun Erzieher*innen der Hamburger Kita „De Lütten Winterhuder“ der Rudolf-Ballin-Stiftung e.V. leben Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) gemeinsam mit ihren derzeit 71 Kindern im Alltag. In der 200 Quadratmeter großen Kita mit kleinem Stadtgarten dreht es sich besonders viel um die Themen Energie, Ernährung und Garten. Das Team von S.O.F. hat bei der Leiterin Petra Jantzen und der Pädagogin Claudia Teffner nachgefragt.
Selbstgepresster Apfelsaft wird aus großen Glaskannen eingegossen, manche Kinder werfen einen Wildkräutereiswürfel dazu. Auf einem Holzbrett angerichtete Brotscheiben mit Frischkäse, beides aus eigener Produktion, gehen von Kind zu Kind. Es ist das erste klimafreundliche Frühstück, das die Kita-Mitarbeitenden gemeinsam mit ihren Schützlingen ausrichten. Alle Gruppen haben daran mitgewirkt.
Doch dies ist nur ein Baustein. „Das Thema Ernährung und eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Bewirtschaftung unserer Einrichtung sind derzeit unsere größten Herausforderungen“, erzählt uns Petra Jantzen, die die Kita seit zwei Jahren leitet. „Wir beschäftigen uns mit den Bezugsquellen unserer Lebensmittel und damit, wie regional und saisonal sie sind.“ Die Kita plant eine wöchentliche Gemüsekiste und eine strategische Umstellung des Einkaufs. Vor Ort wird frisch gekocht.
Mehrdimensionalität von A bis Z
Die Kindertageseinrichtung der Rudolf-Ballin-Stiftung e.V. liegt mitten im urbanen Winterhude nahe einer Neubausiedlung. Neun Pädagog*innen betreuen hier 71 Kinder in drei Gruppen. Dabei setzen sich alle Kinder aktiv und gestalterisch mit ihrer Umwelt und den Ressourcen, Lebensmitteln und Energien in der Einrichtung auseinander.
„Vor zwei Jahren sind wir aktiv in das Thema eingestiegen“, schildert die pädagogische Fachkraft Claudia Teffner. „Angefangen haben wir mit dem Thema Recycling mit den Größeren. Dann haben wir die Jüngeren langsam an das Thema Nachhaltigkeit herangeführt.“ Zum Beispiel mit einem Besuch auf dem Recyclinghof und bei einer Foodsharing-Station. Oder auch durch das Basteln mit Abfällen oder das Papierschöpfen. So haben die Kinder direkt erfahren können, dass sie etwas bewirken und einen Beitrag zum Umweltschutz leisten können.
Und Spaß macht es den Kindern anscheinend auch: Noch Monate später basteln viele von ihnen ihr Spielzeug am liebsten selbst. Die Auszeichnung als KITA21 im Jahr 2017 war deshalb Belohnung und Bestätigung zugleich. Außerdem beschloss das Kita-Team dadurch auch, an einem weiteren Projekt der S.O.F. Save Our Future – Umweltstiftung teilzunehmen: Dem KLIMAfuchs-Projekt.
Über den KLIMAfuchs:
Energiecheck: Vom Wissen zum Handeln
Ein Energiecheck ist ein kostenloser Teil des KLIMAfuchs-Projekts. Nicht selten stellt er eine Kita-Leitung vor Herausforderungen, denn einige der empfohlenen Maßnahmen können sie nicht von heute auf morgen umsetzen. Doch jeder noch so kleine Schritt ist wichtig. Und das ist möglich, denn die Empfehlungen aus dem Energiecheck können viele verschiedene Maßnahmen umfassen – von einfachen Reparaturen bis hin zu größeren Sanierungsarbeiten. Vor allem aber beinhaltet er, dass die Mitarbeitenden einer Kita ihre Gewohnheiten verändern müssen. Zum Beispiel beim Lüften oder bei der Nutzung von elektrischen Geräten und der Beleuchtung. Da sind dann alle Mitarbeitenden gefragt.
„Für uns war das Ergebnis eine Überraschung“, sagt Petra Jantzen. „Es war gut zu sehen, dass unser Energieanbieter ganz gut ist, da wir bereits einen Strommix mit hohem Anteil erneuerbarer Energie beziehen. Aber andere Bereiche wie der Wärmeverbrauch lassen sich in unserem Wohnhaus nicht eindeutig feststellen.“ Als Mieter kann die Kita nur bedingt an den Stellschrauben drehen. Die Rudolf-Ballin-Stiftung steht als Träger aber konzeptionell sowie personell hinter allen Maßnahmen, die die Kita ergreifen möchte. Das Energie-Controlling hat das Team zu weiteren Schritten inspiriert: Energiesparsamkeit sollte nicht nur eine Frage der Leitung sein, sondern auch eine Aufgabe für die pädagogische Praxis.
Im Hinterhof: Der Kita-Garten
Neben dem Thema Energie und den damit verbundenen Einsparungsmöglichkeiten, stellte sich das Team gleichzeitig einer weiteren Herausforderung: Es wollte den kleinen Innenhof mit seinen Häuserfronten und Betonwänden in einen Stadtgarten verwandeln. „Besonders naturnah ist unser Garten nicht. Deswegen versuchen wir uns in Richtung Urban Gardening zu entwickeln“, verrät Claudia Teffner. Gemeinsam mit allen Kindern haben sie Hoch- und Vertikalbeete eingerichtet, insektenfreundliche Pflanzen ausgewählt und zahlreiche Lebensmittel wie Erbsen, Erdbeeren, Wildkräuter und sogar eine Wassermelone angepflanzt.
Der Hinterhofgarten ist keine einmalige Aktion, sondern eine Jahresaufgabe. Dabei möchte das Team die Kinder vor allem an der Aufgabe beteiligen. Claudia Teffner sagt: „Die Kinder lernen, dass sie dabei sind. Nur so können sie Zusammenhänge verstehen, ohne dass wir sie überfordern. Auch wenn das bedeutet, dass wir unser Vorwissen zurücknehmen und die Kinder erst einmal machen lassen.“
Die Projekte zeigen Wirkung
Und was sie den Kinder vermitteln, nehmen die beiden Pädagoginnen auch nach Hause mit. Sie gehen bewusster durch die Stadt und tragen eine nachhaltige Lebensweise in den eigenen Wohn- und Lebensraum. „Das Thema ist für uns nicht von oben aufgesetzt. Es ist Teil unseres Lebens“, sagen sie. Eine große Rolle spielt daher auch die Vernetzung mit Partnern aus dem Stadtteil. Der Besuch anderer Einrichtungen, wie einem Kulturzentrum, öffnete allen die Augen und regte zu neuen Gedanken an.
Und so haben die Pädagog*innen der Kita „De Lütten Winterhuder“ bereits neue Ideen: Sie wollen ein Gewächshaus bauen, Solarzellen anschaffen und den Einkauf von Lebensmitteln neu ausrichten. „Wir versuchen, als gesamte Einrichtung zum Vorbild zu werden.“
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