Wie sehen unsere Kitas 2030 aus? Das Projekt „KITA weltweit 2030“ liefert dazu Antworten & hilft Kitas, die Nachhaltigkeitsziele bis dahin zu erreichen. KiTA-GLOBAL sprach mit der Projektleiterin Karin Wirnsberger über die Pläne und Zukunftsaussichten.
Eure neue Website ist vor wenigen Tagen online gegangen. Was habt ihr vor?
Karin Wirnsberger: Wir wollen Globales Lernen und BNE im Elementarbereich in Baden-Württemberg besser sichtbar machen und verankern. Dazu wollen wir die Qualität und die Kompetenzen stärken. Es gibt ja unglaublich viele Akteure im Kita-Bereich. Und nicht alle haben sich schon gleichermaßen mit den Bildungskonzepten Globales Lernen und Bildung für Nachhaltige Entwicklung beschäftigt. Deshalb versuchen wir genau diese Akteure zu erreichen.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Globalem Lernen und BNE?
Karin Wirnsberger: Ich sehe BNE als ein Bildungskonzept, das alle anderen Bildungsansätze miteinander verbindet. Also Globales Lernen, Friedensbildung, Demokratiebildung, interkulturelle und interreligiöse Bildung. Das heißt alle diese Konzepte, die die Kinder zu zukunftsfähigem Handeln befähigen und so die große Transformation voranbringen. Damit ist der grundlegende Wandel hin zu einer nachhaltigen, gerechten und zukunftsfähigen Gesellschaft gemeint.
BNE hat sich aus der Umweltbildung heraus entwickelt. Das Globale Lernen ist aus der entwicklungspolitischen Arbeit entstanden. Das heißt, die beiden Konzepte haben verschiedene Wurzeln. Ich finde es aber eigentlich vor allem wichtig, die Gemeinsamkeiten zu sehen – und die Bildungskonzepte zu verbinden und nicht voneinander zu trennen. Diese gibt es zum Beispiel bei den Themen, den Methoden und auch bei der grundlegenden Haltung. Dazu gehören etwa der partizipative Ansatz, das kompetenzorientierte Lernen und die Rolle der pädagogischen Fachkraft als Lernbegleitung.
Das Globale Lernen fokussiert sich noch stärker als BNE auf den Blick über den Tellerrand. Aber heute wissen wir ja, dass unser alltägliches Handeln hier bei uns, auch Auswirkungen auf Regionen anderswo in der Welt hat. Egal, ob es darum geht, wie ich einkaufe, was ich esse oder wie ich mich fortbewege. Und deshalb kann man in der Praxis Globales Lernen und BNE gar nicht mehr so voneinander trennen.
Im Projekttitel taucht das Jahr 2030 auf – was soll bis dahin geschehen?
Karin Wirnsberger: Also unser aktuelles Projekt läuft – Stand Heute – anderthalb Jahre. Dennoch wollen wir natürlich darauf hinarbeiten, dass die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 verwirklicht werden. Dazu werden wir entsprechende Folgeprojekte entwickeln. Wir müssen jetzt für eine lebenswerte, gerechte und nachhaltige Welt aktiv werden und handeln – immer mit dem Blick darauf, wo wir im Jahr 2030 stehen wollen.
Die Nachhaltigkeitsziele sind ein guter Referenzpunkt für die Bildungsarbeit. Denn Bildung ist nicht nur das vierte Ziel der Agenda 2030. Bildung ist für alle anderen Nachhaltigkeitsziele von großer Bedeutung. Ohne Bildung und Informationsarbeit wird sich nicht viel bewegen. Und die 17 Ziele spannen eben auch wieder einen wunderbaren Bogen über die ganzen verschiedenen Bildungskonzepte wie BNE, Globales Lernen, Friedensbildung und so weiter.
Welche Maßnahmen und Aktivitäten wird es genau geben?
Karin Wirnsberger: Wir haben zwei Bereiche in dem Projekt, die auf der Homepage auch ganz gut abgebildet sind. Das ist zum einen die Vernetzungsarbeit. Da versuchen wir auf überregionaler Ebene auch die großen Player – wie die Ministerien, Trägerverbände, Bildungsanbieter – miteinander zu vernetzen und dort BNE und Globales Lernen sichtbar zu machen.
Zum anderen wollen wir in Baden-Württemberg auf regionaler Ebene in vier Regionen beispielhaft zeigen, wer bei BNE und Globalem Lernen in der Kita alles mit im Boot sein kann und sollte. Also wie Kitas, unterstützt von einem regionalen Netzwerk, eine weltbewusste und kreative Bildungsarbeit machen können, um so auch die Transformation, also den Wandel in unserer Gesellschaft, voranzutreiben. Gerade die Kitas sind ja meist regional sehr gut verankert. Und es ist toll, wenn diese möglichst viele Akteure mit ins Boot holt – den Träger, den Eine-Weltladen, regionale Anbieter, Bildungsakteure, die Eltern und auch Unternehmen.
Außerdem werden wir Kitas dabei unterstützen, eine weltbewusste, transformative Bildungsarbeit zu verwirklichen. Da greift dann unsere zweite Schiene. Nämlich, dass wir diejenigen, die in der Bildungsarbeit tätig sind, mit Methoden, Themen und Impulsen für Globales Lernen und BNE unterstützten. Uns ist dabei ein ganzheitlicher Ansatz – der „Whole Institution Approach“ – in der Kita wichtig. Wir nehmen daher neben der Bildungsarbeit auch die nachhaltige Bewirtschaftung der Kita, die Kompetenzentwicklung und Zusammenarbeit im Team sowie die Kooperationen mit anderen in den Blick.
Dazu wollen wir in den vier ausgewählten Regionen jeweils eine Fachtagung organisieren. Mit den jeweiligen Akteuren und den Themen, die dort in der Region gerade wichtig sind. Diese Fachtage wollen wir deshalb auch mit den regionalen Netzwerken gemeinsam entwickeln. Denn unsere Hoffnung ist, dass auf diese Weise etwas entsteht, was sich weiter fortsetzt und damit langfristig wirkt, also einen guten Nährboden für transformatives Lernen bildet.
Was wir auch noch festgestellt haben ist, dass es an Multiplikator*innen im frühkindlichen Bereich mangelt, die die Themen BNE und Globales Lernen in die Einrichtungen bringen und dort umsetzen. Deshalb wollen wir noch zwei ergänzende Workshops anbieten, mit denen wir gezielt Multiplikator*innen ausbilden. Diese sind dann entweder beratend tätig oder machen Fortbildungen für das Team, z.B. zum Einstieg ins Bildungskonzept Globales Lernen/BNE, zur individuellen „weltbewussten“ Haltung oder wie man den Whole Institution Approach konkret im KITA-Alltag umsetzen kann.
Bereits engagierte Kitas fragen schon nach Beratung, wie man Globales Lernen und BNE als Bildungskonzept in der KITA-Konzeption verankern kann. Außerdem können die Multiplikator*innen das Team auch bei der konkreten Bildungsarbeit mit den Kindern und mit den Eltern unterstützen. Denn wir wollen ja nicht nur die Kinder ansprechen, sondern auch die Eltern.
Wie sieht denn für Dich das ideale 2030 aus? Was wäre da Dein Traum?
Karin Wirnsberger: Globales Lernen und BNE ist fest im Alltag der Kitas und in der Erzieher*innen-Ausbildung verankert. Wir werden im Jahr 2030 die Nachhaltigkeitsziele vielleicht noch nicht erreicht haben, aber es wäre mein Traum, dass alle Menschen die Ziele kennen und in ihrem Wirkungsbereich aktiv an der Umsetzung mitarbeiten – Klein und Groß und im Kleinen wie im Großen. Von der Kita bis zum Globalen Unternehmen und der Politik.
Wir alle leben dann einfach anders und spüren die positive Entwicklung: Wir leben in einer gerechten Welt. In dieser Welt ist es nicht die Ausnahme, dass ein Produkt fair gehandelt und ökologisch produziert wurde. Es ist dann die Regel. Deshalb kriegen in dieser Welt die Produkte ein Zeichen, die nicht gut produziert sind. Und nicht umgekehrt, so wie heute.
In dieser Welt leben wir auch alle friedlich miteinander. Rassismus und Ausgrenzung sind kein Thema mehr. Wir haben gelernt, unsere Konflikte gut und konstruktiv auszutragen. Wie gehen achtsam und verantwortungsbewusst mit den Ressourcen unserer Erde um und freuen uns, dass es auch den Eisbären, den Bienen und den Orang-Utans gut geht, dass die Pole nicht mehr schmelzen die Regenwälder erhalten bleiben und sich das Klima stabilisiert.
Mein ganz persönlicher Traum wäre, dass auch Yoga, Meditation, Naturerleben und Bio-Essen zum Kita-Alltag gehören. Und alle Kinder lernen und forschen gerne und werden von uns Erwachsenen darin bestärkt, ihre eigenen Wege zu gehen. Dadurch schaffen wir Raum für viel mehr Kreativität und Innovation. Und die brauchen wir auch, denn auch im Jahr 2030 haben wir noch nicht alle Probleme gelöst.
Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem neuen Projekt!
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