Geschichten erzählen – Tipps für die Kita

Geschichten erzählen mit Kindern: Vor der Haustür die Welt

Schon immer haben wir Menschen uns Geschichten erzählt. Susanne Brandt von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein zeigt in diesem Material, wie Geschichten erzählen mit Kinder geht.

So langsam lockern sich die Corona-Bestimmungen. Und so langsam kehrt auch wieder so etwas wie Alltag ein. Für Kinder waren die vergangenen Wochen mindestens ebenso schwierig, wie für uns Erwachsenen. Sich gemeinsam mit ihnen auf die Suche nach Geschichten zu machen, kann ihnen helfen, sich über Ängste und Ungewissheiten, Fragen und Probleme auszutauschen. Es gibt Pädagog*innen die Möglichkeit, den Kindern Zusammenhänge und Sinn zu zeigen. Und es verbindet alle miteinander, schafft Gemeinschaft und Vertrauen.

Das erleben nicht nur wir hier in Deutschland. Auch an anderen Orten wissen Pädagog*innen um die Bedeutung von Geschichten erzählen mit Kindern:

Freshta Karim, die in Afghanistan ein Bücherbus-Projekt für Kinder aufgebaut hat, sieht deshalb jetzt in der Krise eine wichtige Aufgabe darin, Kindern und Familien weiterhin Zugänge zu Geschichten zu öffnen, weil diese dabei helfen können, mit Ängsten und Belastungen besser umzugehen. Und auch für Margkee Garcia, Leiterin der Deutsch-Nicaraguanischen Bibliothek in Managua, geht es in dieser Zeit nicht nur um die körperliche, sondern ebenso um die psychische und emotionale Gesundheit.

Susane Brandt

Das schreibt Susane Brandt in der Broschüre „Vor der Haustür die Welt …“, die man kostenlos als PDF herunterladen kann. Darin zeigt sie, wie man spielerisch Geschichten gleich nebenan entdecken und erzählen kann. Mit ihrer Arbeitshilfe will sie daher kreative Ideen für Familien, Einzelpersonen und Gruppen liefern, um im Rahmen von „Nachhaltig erzählen“ zum Entdecken und Mitmachen einzuladen.

Wie Geschichten erzählen mit Kindern geht

Aus dem PDF haben wir drei Ideen ausgewählt, die wir nun kurz vorstellen möchten. Sie alle sind dazu gedacht, mit Kindern Wege ins Freie zu finden. Das kann im Alltag sein oder in den Ferien. Es kann im Wald geschehen, auf Wiesen oder im eigenen Garten, an weniger belebten Seitenstraßen oder im kleinen Park nebenan. Ja, selbst am offenen Fenster oder auf dem Balkon können Klein und Groß so gemeinsam Geschichten entdecken und erzählen.

Der Baumdino – gefunden auf einem Baumstamm …

1. Seltsame Gestalten – auf Spurensuche mit Fotos und Fantasie

Sie brauchen: Einen einfachen Rahmen (ohne Glas), einen Fotoapparat oder ein Handy und etwas Zeit. Begeben Sie sich mit den Kindern auf die Suche nach seltsamen Gesichtern und Figuren in der Welt. Diese können sich in einem Ast, einem Stein, einer Wurzel oder einem Blatt verstecken. Sammeln Sie sie und erzählen Sie ihre Geschichte.

2. Von der Hand zur Handlung

Jede*r sammelt fünf Wörter, die er/sie in der Umgebung findet. Nachdem alle fünf Worte gefunden haben, tragen Sie sie zu einem Wortsammelsurium zusammen. Etwa:

  • Zauneidechse, Dreckspatz, Felsenbirne, Brief, Fahrkarte,
  • Eichhörnchen, Frühjahr, Blühen, Sonne, Himmel,
  • Blume, Raupe, Gras, Fliederduft, Nachtigall,
  • Schmetterling, Marienkäfer, Rückkehr der Störche, Hoffnung, Gesumm
  • Vogelgesang, Wunder, Samenkörner, Seele, Buch

Dann erfindet jede*r eine Geschichte mit Hilfe seiner fünf Finger:

  1. Der Daumen: eine starke Hauptfigur für den Verlauf der Geschichte auswählen und die Figur am Ausgangsort des Geschehens beschreiben
  2. Der Zeigefinger: Wonach sehnt sich die Figur? Wohin treibt es sie? Ein Wunsch? Ein Weg mit einem erhofften Ziel? Eine Suche nach etwas, was besonders kostbar ist?
  3. Der Mittelfinger: In der Mitte geht es auf den spannenden Höhepunkt zu: ein Hindernis, eine Gefahr, eine Bedrohung auf dem Weg, eine Aufgabe, die gelöst werden muss – was könnte das sein?
  4. Der Ringfinger: Was trägt zur Lösung des Problems bei? Was oder wer kommt zur Hilfe? Etwas Zauberhaftes? Etwas Überraschendes? Wie rundet sich die Handlung zum Ende hin?
  5. Der kleine Finger: Fehlt zum Schluss noch etwas? Vielleicht nur eine Kleinigkeit? Eine Überraschung? Kurz & gut ist das Ende der Geschichte

3. Hier leben wir – die Welt erklären

Der Maler und Illustrator Oliver Jeffers (www.oliverjeffers.com) hat in seinem empfehlenswerten Buch „Hier sind wir“ (https://nord-sued.com) die Welt so beschrieben, wie man sie einem neugeborenen Menschen erklären könnte: als Anleitung zum Leben auf der Erde. „Er erzählt von den großen und kleinen Dingen, vom Nahen und vom Fernen, von Schönheiten und Gefährdungen und auch von der Erfahrung, nicht allein zu sein. Die Erkenntnis am Schluss: Fragen stellen bleibt wichtig!“, meint Susanne Brandt.

Davon inspiriert, schlägt sie vor, vor der eigenen Haustür Ideen für ein eigenes kleines „Welt- Buch“ zu sammeln, wenn möglich in Form von Digitalfotos. Dabei helfen Leitfragen weiter, zu denen an jedem Ort Bilder und Eindrücke gesammelt werden können:

  1. Wir stehen auf der Erde. Schau mal runter zu deinen Füßen: Worauf stehst du? Gibt es noch einen anderen Platz, auf dem deine Füße ganz anders stehen (Asphalt, Gras, Kopfsteinpflaster, Sand…)?
  2. Bestimmt gibt es auch Wasser in deiner Stadt. Sogar in deinem Haus – du brauchst nur den Wasserhahn aufdrehen. Aber vielleicht auch anderswo? Schau mal, wo du draußen Wasser entdeckst (Pfütze, Wasserspiele, Bach, Quelle)!
  3. Essen und Trinken muss es in einer Stadt auch geben. Wo entdeckst du was davon?
  4. Sogar Tiere leben in der Stadt. Viele sind so schnell, dass es schwer ist, sie zu fotografieren. Aber sehen und hören kannst du sie trotzdem – achte mal darauf!
  5. Die Menschen, die in der Stadt rumlaufen, haben alle ihre eigenen Gedanken im Kopf. Sie benutzen ganz viele verschiedene Wörter, wenn sie miteinander sprechen. Manchmal nutzen sie sogar verschiedene Sprachen. Vielleicht hast du von den Wörtern draußen auch welche als Schrift entdeckt?
  6. Es gibt Lieblingsplätze und es gibt Plätze, die du nicht magst – welche sind das?

Das Material herunterladen

Weitere Infos zu diesem Arbeitsmaterial, den Link zum PDF und viele weitere Ideen finden Sie in unserem Materialpool:

Bildquellen: Das Aufmacherfoto stammt Image by Tumisu, Pixabay. Das Foto vom Baumdino kommt von Frau Brandt. Das Buchcover vom Nord-Süd-Verlag.