Faires Spielzeug ist keine Selbstverständlichkeit. Worauf Erzieher*innen in der Kita achten sollten und wie sie das Thema mit Kindern erkunden können – das hat uns Johanna Zschornack, die neue Projektreferentin von FaireKITA und zuständig für Hessen & Rheinland-Pfalz, in einem Interview erzählt.
Seit Sommer 2019 ist Johanna Zschornack als Projektreferentin für das Programm FaireKITA in Hessen und Rheinland-Pfalz zuständig. Als solche berät und begleitet sie Kitas, die sich fair aufstellen und als FaireKITA zertifizieren lassen möchten. Spielzeug ist dabei ein wichtiges Thema, das globale Zusammenhänge für Kinder sehr gut sichtbar machen kann – und bei dem Erzieher*innen nicht nur für globale Fairness, sondern auch für Umweltschutz und mehr Kreativität bei den Kindern sorgen können.
Welche Missstände gibt es bei der Produktion von Spielzeug?
Im Grunde sind das die gleichen Missstände, wie man sie auch aus anderen Bereichen kennt: Das meiste Spielzeug wird in chinesischen Fabriken hergestellt. Hier arbeiten viele Menschen, die zu geringe Löhne erhalten, kaum oder sogar keinen Arbeitsschutz genießen und kaum Arbeitnehmer*innenrechte haben. Zwar ist Kinderarbeit weniger ein Thema, doch ähnlich wie zum Beispiel im Bereich der Textilindustrie, gibt es auch hier Menschenrechtsverletzungen. Vor allem in der Vorweihnachtszeit kommt es zum Beispiel zu massiven Überstunden.
Leider gibt es hier in Deutschland kaum Organisationen, die sich in diesem Bereich für globale Gerechtigkeit einsetzen. Eine Ausnahme ist die Christliche Initiative Romero (CIR), die Teil der europaweiten Fair Toys Coalition ist. Deshalb sind die tatsächlichen Zustände auch nur wenig dokumentiert, wenn man das mit anderen Branchen vergleicht, wie der Kleidungsindustrie. Wer sich jedoch genauer informieren möchte, findet zum Beispiel im Toys Report 2018 weitere Fakten, die die CIR zusammen mit der Arbeitsrechtsorganisation China Labor Watch (CLW) erstellt hat.
Woran erkennen Erzieher*innen faires Spielzeug?
Leider gibt es in diesem Bereich noch keine Label, die eindeutige Sicherheit geben, dass ein Spielzeug unter fairen Bedingungen entstanden ist. Die gängigen Spielzeughersteller übernehmen in der Regel auch keine Verantwortung dafür, was in den Produktionsstätten ihrer Zulieferer geschieht. Deshalb müssen sich Erzieher*innen und alle, die auf faires Spielzeug achten wollen, die Unternehmen genau anschauen: Produzieren sie zum Beispiel in Deutschland? Achten sie auf Umweltschutz und sichern bestimmte Standards? Welche Werte und Ethik verfolgen sie und wie glaubwürdig ist das? Zum Beispiel gibt es in vielen Weltläden auch faires Spielzeug. Auch im Internet findet man Online-Shops, die auf ökologisches und faires Spielzeug Wert legen. Wir haben dazu eine Liste an Links auf unserer Website.
Generell lässt sich jedoch sagen, dass vor allem ein Umdenken hilft: Kitas sollten lieber weniger und dafür besonders gut ausgewähltes, langlebiges Spielzeug haben. Erzieher*innen können den Kindern beibringen, dass sie länger mit nur einem Spielzeug spielen und ihm eine größere Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringen.
Welche Rolle hat selbst gemachtes Spielzeug?
Das ist für Kitas natürlich immer eine schöne Möglichkeit, um nicht nur faires, sondern auch nachhaltiges Spielzeug zu nutzen. Denn zum Beispiel können die Erzieher*innen mit den Kindern aus gebrauchten Dingen Upcycling-Spielzeug basteln. Dabei können die Kinder auch direkt erfahren, wie viel Arbeit und Zeit es kostet, so ein Spielzeug herzustellen. Das kann ein guter Anlass sein, um gemeinsam über Fragen nachzudenken wie: Was bekommen die Arbeiter*innen in China eigentlich? Und wie leben sie? Wie viele Spielzeuge haben die Kinder zu Hause und in der Kita – und wie sieht das in anderen Ländern aus? Wie lange beschäftigen sich die Kita-Kinder mit einem Spielzeug? Oder auch: Was geschieht mit einem Spielzeug, wenn wir beschließen, dass es Müll ist?
Wie können sich Erzieher*innen noch für faires Spielzeug einsetzen?
Nur noch Spielzeughersteller zu unterstützen, die fair produzieren, ist die eine Sache. Die andere Sache ist die, dass Erzieher*innen ihren Standpunkt und ihre Forderung nach fairem Spielzeug auch an die Unternehmen und die Politik kommunizieren. Zum Beispiel, in dem sie bei den Spielzeugherstellern und in den Läden immer wieder konkret nachfragen. Oder in dem sie sich an Aktionen der CIR beteiligen und Appelle an die Spielzeughersteller mit unterzeichnen. Etwa bei ihrer Kampagne für faires Spielzeug.
Fachtagung Faires Spielzeug
Kurzfristige Anmeldungen (unbedingt per E-Mail) noch möglich!
FaireKITA veranstaltet einen Fachtag zum Thema „faires Spielzeug“. Gemeinsam mit Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero gehen die Teilnehmenden Fragen nach wie: Worauf können wir achten – etwa in der Vorweihnachtszeit, bei Geschenken oder der Einschulung? Wie können wir uns als Kita für menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Spielzeug einsetzen? Und wie können wir das Thema sensibel den Kindern näher bringen?
29. Oktober 2019, 9.30 Uhr – 13.30 Uhr
Münchner Straße 1, 60329 Frankfurt am Main
Infos & Anmeldung: Johanna Zschornack, Projektreferentin FaireKITA für Hessen & Rheinland-Pfalz,
Fotos: FaireKITA
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